Mein letzter Blogeintrag über Baccaros Ausbildung ging unter anderem um Glaubhaftigkeit. Unser Thema war das Annehmen der Paraden, da Baccaro selbige gerne ignoriert hat. In der Zwischenzeit haben wir natürlich auch an anderen Themen gearbeitet, so haben wir den Galopp hinzugenommen und arbeiten zurzeit an einem geschulten Anspringen aus dem stark versammelten Trab. Das macht Baccaro unheimlichen Spaß. Nachdem der Galopp etwas negativ besetzt gewesen war bei uns beiden und Baccaro sich geweigert hat, mit mir oben drauf zu galoppieren, da ich - verursacht durch einen "Taubenstunt" auf unserem Reitplatz - heruntergefallen bin, was Baccaro nachhaltig irritiert hat, zumal ich danach erstmal nicht ansprechbar war, bietet er ihn nun wieder aus reiner Eigenmotivation von selbst an. Das freut mich riesig, denn es ist ein Zeichen, dass das gegenseitige Vertrauen wieder da ist. Manchmal ist Baccaro dann aber so übermotiviert, dass er mir nicht mehr zuhört. Er macht dann Dinge, bei denen er sich gut fühlt. Angaloppieren zum Beispiel. Und wenn ich dann versuche, die Energie in geordnete Bahnen zu lenken und dann anzugaloppieren, wenn wir BEIDE es möchten, fliegen seine Beine oft quasi in alle Richtungen auseinander, der Krafteingangswinkel der Hinterhand verändert sich und heraus kommt ein verbogenes Pferd und ein Kraftausgangswinkel, der nicht zur Biegung der gerittenen Linie passt. ;) Er wird hektisch, ich lasse mich stressen und von Harmonie sind wir in solchen Momenten weit entfernt. Dagegen hilft (wieder einmal) präzises Arbeiten mit den vier Hinterbeinen. Ich möchte jedes Hinterbein direkt ansprechen können, um dessen Energie besser kontrollieren und ihm eine Richtung geben zu können. Und das klappt tatsächlich immer besser, die Fortschritte haben sich langsam eingestellt. Ich bekomme auf meine entsprechende Hilfe wirklich nur das Hinterbein und nicht wie früher noch eine ganze Menge anderer Dinge "gratis dazu".
Diese Woche hatte ich wieder so eine Trainingseinheit mit Baccaro. Wir wurden beide hektisch, die Kraft wurde erst verpulvert und ließ dann schon merklich nach. Aber wir brauchen ja die Kraft aus der Hinterhand, um geschult in den Galopp zu kommen! Ich verabschiedete mich also von dem eigentlichen Trainingsziel dieses Tages und besann mich auf das Wesentliche, was Baccaro und mir so oft zu schaffen macht. Und siehe da, Übergänge Schulschritt-Schulparade kamen wie selbstverständlich. Baccaro hat mir meine Paraden geglaubt, ohne dass ich darauf besondere Energie verwenden musste! Dieser Fortschritt hat sich quasi fast unbemerkt eingeschlichen in den letzten Monaten! Kein Ausweichen auf die Paraden, sondern ein sauberer Weg bis in die Hanken bei gleichzeitig nachgebender Hand. Ein großartiges Gefühl und wieder einmal die Erkenntnis, dass auch Schritt reiten glücklich machen kann! Und das Beste daran war, dass Baccaro sich durch die ruhige Paradenarbeit nach einiger Zeit wieder so gut konzentrieren konnte, dass ich die Energie der Hinterhand erhöhen konnte. So haben wir beide auch noch einige Schulschritt-Piaff-Übergänge gemeinsam genießen können und Baccaro war schnell davon überzeugt, dass es nicht immer Galopp braucht, um großartig zu sein! Wenn die Parade sauber durchs Pferd geht und sich das Pferd in sich selbst ruhend formen lässt, führt eine Erhöhung der Energie zu einem wundervollen Ergebnis - egal in welcher Gangart. Nächstes Ziel ist dann, dieses Ergebnis in den Galopp zu erhalten. :)
Bei all dieser "Zielheischerei" ist mir aber wieder einmal bewusst geworden, dass es nicht nur darum geht, die Ziele zu verfolgen. Natürlich brauchen wir Ziele, um uns zu motivieren und um Fortschritt messen zu können. Wichtig ist aber auch, sich von Zeit zu Zeit vor Augen zu führen, welcher Weg bis hierher geführt hat und wo man mal angefangen hat. Beim Absatteln nach besagter Trainingseinheit habe ich wie immer die Rückenmuskulatur kontrolliert und ein wenig die Adduktoren massiert - und Baccaro plötzlich mit anderen Augen - wie aus der Vergangenheit - gesehen. Ich war sprachlos ob der schön entwickelten Muskulatur, seiner natürlichen Haltung und seinem inneren Stolz, der daraus erwächst. Denn im Geiste sah ich das kleine Pony, das ich damals gekauft habe mit all seinen Schwierigkeiten, sowohl äußerlich als auch innerlich. Als ich Baccaro damals zum ersten Mal sah, war ich auf der Stelle verliebt in ihn. Und als ich ihn diese Woche in meiner Stallgasse sah und unter meinen Händen spürte, hat sich zur Liebe noch Ehrfurcht gesellt. Ich bin sehr dankbar, dieses tolle Pony an meiner Seite zu haben!
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Cornelia (Sonntag, 28 April 2019 10:18)
Liebe Tanja
Das sind sehr schöne interessante Gedanken und Beobachtungen. Ich bewundere deinen offenen, selbstkritischen Blickwinkel, der mich weiter anregt das Detail noch genauer zu betrachten.
Freue mich auf das nächste Treffen
:)